03.08.1986
Wenn wir im Evangelium davon lesen, wie Christus einen Toten wieder zu Leben erweckt oder den Körper eines Menschen wieder gesund macht, dann denken wir selten darüber nach, was der menschliche Körper für Gott Selbst bedeutet, Der diesen voller Liebe für das Ewige Leben geschaffen hat. Was sollte er deshalb für uns selbst bedeuten! Wenn unser Körper für Gott keine Bedeutung hätte und nicht so zärtlich und ehrfürchtig von Ihm geliebt wäre - so wie auch unsere ewige Seele – dann hätte Gott sicher keinen Körper geheilt und nicht um dessen ewiges Leben gesorgt nach der Auferstehung der Toten.
Wenn wir über den menschlichen Körper nachdenken, sei es nun in Bezug auf die Ewigkeit oder auch auf das zeitlich begrenzte Leben, sei es in Verbindung mit der irdischen oder aber mit der himmlischen Sphäre, könnte sich uns eine Frage stellen: Erhalten wir etwa nicht all unser Wissen von Gott und über die geschaffene Welt durch unseren Körper?
Von klein auf an, ja, von Geburt an, erfahren wir Zärtlichkeit und Liebe durch unseren Körper, viel früher als wir irgendetwas mit unserem Verstand erfassen können. Dann wachsen wir heran und so auch in unseren Kenntnissen, unserer Weisheit und Erfahrung. Doch alles, was unser Verstand beherrscht, alles, was unser Herz so reich macht, erreicht uns durch unsere Sinne. Der Apostel Paulus hat einmal gesagt: Der Glaube kommt vom Hören und das Hören vom Wort Gottes. Die Schönheit eines menschlichen Gesichtes und der Umwelt, alles, was der Mensch an Schönem und Wunderbaren erschaffen hat, erfassen wir durch unser Sehen. So könnte ich weiterhin alle unsere Sinne aufzählen, die uns, wie eine Tür den Weg zur Schau des Schönen und des tieferen Sinns der geschaffenen Welt eröffnen und durch diese hin zur Schau der Ewigkeit, der ewigen Schönheit Gottes, die in Seiner gesamten Schöpfung strahlt.
Dies ist der Grund, warum Christus voller Liebe den Körper der Menschen geheilt hat. Durch diese Heilungen bekräftigt Gott mit aller Kraft die Ewigkeit der physischen Existenz. Dies ist auch der Grund, warum wir uns mit solch einer Ehrfurcht und Zärtlichkeit um den Körper eines Verstorbenen versammeln. Denn dieser Körper ist von Gott geschaffen, in diesen Körper hat Er all Seine Liebe hineingelegt. Und mehr noch: Er Selbst wurde Mensch. Der Lebendige Gott kleidete sich in unser Fleisch und offenbarte uns dadurch, dass der Mensch so erschaffen, ja, so großartig und von solcher Tiefe ist, dass er sich mit Gott vereinen und an der Göttlichen Natur Anteil gewinnen kann, ja, dass auch unser Körper selbst zu einem Träger des Geistes werden kann und somit zu einem Träger Gottes. Wie wunderbar ist dies!
Wir sehen ebenso, dass Gott uns Sein ewiges Leben durch die Materie der Erde offenbart: durch das Wasser zur Taufe, das zu einer Quelle des Ewigen Lebens wird, durch Brot und Wein, die durchdrungen sind von Seiner Gottheit. Ebenso nehmen wir auch in den Sakramenten durch unseren Leib Gott Selbst in uns auf. Wie wunderbar ist unser Körper und mit welcher Ehrfurcht sollten wir uns ihm gegenüber verhalten! Der Leib ist ursprünglich heilig. Er ist berufen, teilzuhaben an der ewigen Gemeinschaft mit Gott, so wie auch unsere Seele. Er ist von Gott geliebt. Nicht von ungefähr meint der Apostel Paulus: Preiset Gott in euren Leibern und in euren Seelen! Preiset Ihn, das heißt, lasst Ihn leuchten durch euren Leib, wie Er auch durch eure Seelen strahlt. Möge euer Leib ein solcher sein, dass eine Berührung mit ihm wie eine Berührung mit dem Mysterium des Mensch gewordenen Gottes ist.
Lasst uns darüber nachdenken, denn allzu oft, - ja leider allzu oft! – sind wir uns der ewigen Schönheit und Größe unseres Körpers nicht bewusst. Zu oft denken wir auch an den Tod wie an einen Moment, an dem die unsterbliche Seele in das Göttliche Leben hineintritt, der Leib aber zu Asche zerfällt. Ja, er wird zu Asche, doch er ist zur Ewigkeit berufen. Er wird in der Tat auferstehen, so wie auch Christus auferstanden ist. Wir alle werden einmal vor Gott treten, in einem Leib - in einem verklärten Leib, wie auch der Leib Christi sich bei seiner Verklärung verwandelt hatte! - mit einer durch die Ewigkeit erneuerten Seele. Und so werden wir eintreten in die Gemeinschaft mit Gott in der Liebe, im Glauben und im Gebet. Nicht nur mit der Seele, sondern gemeinsam mit allem Erschaffenen werden wir zu Teilhabern der Göttlichen Natur –sowohl mit der Seele als auch mit dem Leib, so wie es Gott verheißen und der Apostel Paulus gesagt hat: Gott wird alles in allem seinund nichts wird außerhalb der Gemeinschaft mit ihm sein, der Göttlichen Herrlichkeit.
Wie wunderbar ist dies alles! Was für ein wunderbares Mysterium. Der Körper, der so zerbrechlich und so zeitlich begrenzt erscheint, kann von Anfang an der Ewigkeit angehören, wie er auch heute schon in den Heiligen vom Schein der Ewigkeit leuchtet.
Amen