Von der Berufung
„Es kommt auch vor, dass wir manchmal quasi den Saum Christi berühren und zutiefst berührt sind, von dem, was wir erleben. In diesem Moment sind wir meist bereit, alles zu tun. Doch der Heiland weiß, dass wir in Wirklichkeit nicht zu allem bereit sind, auch wenn es uns in unserer Begeisterung so erscheint. Denn wenn die emotionale Erregung vorrübergeht, kehren wir oft erkaltet in unseren Alltag zurück. Aber auch der Herr Selbst schickt uns in unseren Alltag zurück, in unsere Familien und zu dem, was wir gewöhnlich tun und was für uns auch früher ohne Ihn von Wichtigkeit war. Doch Er tut dies, damit wir dorthinein unser Wissen darum tragen, dass wir dem Lebendigen Gott begegnet sind.“ – aus einer Predigt des Metropoliten Antonij von Sourozh über die Berufung
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Je nachdem wie stark unserer Glaube und wie offen unser Herz ist, tritt der Herr auf unterschiedliche Weise an uns heran. In der Tiefe der Nacht rief Er Abraham aus dem Schlaf heraus, Er nannte ihn beim Namen und Abraham war bereit für Ihn. Der Herr gebot ihm, seine heimatliche Scholle und seine Familie zu verlassen, sich von allem, was er als sein Eigen betrachtet, abzuwenden und dorthin zu gehen, wohin Er, Gott, ihn führen wird. Und Abraham stand auf und ging los. In ihrer Geschichte, das heißt, in ihrer Erfahrung, gedenkt die Menschheit nun seiner als ein Beispiel unbedingten und völligen Glaubens.

Auf andere Weise berief der Herr die Apostel: Wir haben davon gelesen, dass der Er sie zu Sich rief, als Er am See von Tiberias entlang ging. Auch sie standen auf und gingen mit Ihm. Doch sie sahen Ihn nicht das erste Mal. Schon vorher waren sie Christus am Ufer des Jordans begegnet. Ihr erinnert euch, dass sie dort gehört hatten, was Johannes der Täufers von Ihm sagte: Dies ist das Lamm Gottes, das das Kreuz der Welt auf sich nimmt, die Sünde der Welt und seine Last … Und zwei der engsten Jünger des Johannes – jener, der daraufhin Johannes der Theologe wurde und Andreas der Erstberufene – verließen ihren Meister – so wie er es selbst bezeugt – und folgten Jesus. Mit Diesem verbrachten sie einen ganzen Tag. Daraufhin brachte jeder der beiden auch seinen Bruder zu Jesus: Andreas Petrus und Johannes Jakobus, sowie auch ihre Freunde Philipp und Nathanael. Bei dieser Begegnung hatten sie etwas sehr Großes erkannt und erspürt, was Nathanael dann in seinem Bekenntnis ausdrückt: Du bist mein Herr und mein Gott!

Danach jedoch tut Christus nichts Besonderes, um sie an Sich zu binden. Er schickt sie zurück, nach Hause, und zieht Sich selbst in die Wüste zurück, um dort 40 Tage lang zu fasten und Versuchungen standzuhalten. Erst nach etwa zwei Monaten kehrt Er erneut an den See, zu den jungen Fischern zurück. In dieser Zeit war die erste Begeisterung, von der diese alle erfasst gewesen waren, längst abgekühlt. Die ersten starken Eindrücke waren schon fast in Vergessenheit geraten und jeder hatte Zeit gehabt, nachzudenken, alles noch einmal für sich zu überlegen, in sich zu gehen und in seinen Alltag, zu seinem Beruf, in sein Haus und in seine Familie, ja, zu den Menschen, die ihn täglich umgaben, zurückzukehren. Als sie sich bereits wieder ihrem gewöhnlichen Handwerk zugewandt hatten, die Erinnerung an Jesus, dem sie in Judäa begegnet waren, bereits einen bestimmten Platz in ihren Herzen gefunden hatte und das Leben dabei war, seinen ganz normalen Gang fortzusetzen, ging der Heiland ein weiteres Mal an ihnen vorüber. Nun jedoch – ohne etwas Besonderes vorzuschlagen – gebot Er ihnen direkt: Folget Mir nach! Und sie ließen alles stehen und liegen und gingen mit Ihm.

So geschieht es auch in unserem Leben. Auch wir vernehmen in einem bestimmten Moment sehr deutlich die Stimme Gottes, der uns beim Namen ruft. Dann könnten wir uns aufmachen und gehen. Es kommt auch vor, dass wir manchmal quasi den Saum Christi berühren und zutiefst berührt sind, von dem, was wir erleben. In diesem Moment sind wir meist bereit, alles zu tun. Doch der Heiland weiß, dass wir in Wirklichkeit nicht zu allem bereit sind, auch wenn es uns in unserer Begeisterung so erscheint. Denn wenn die emotionale Erregung vorrübergeht, kehren wir oft erkaltet in unseren Alltag zurück. Aber auch der Herr Selbst schickt uns in unseren Alltag zurück, in unsere Familien und zu dem, was wir gewöhnlich tun und was für uns auch früher ohne Ihn von Wichtigkeit war. Doch Er tut dies, damit wir dorthinein unser Wissen darum tragen, dass wir dem Lebendigen Gott begegnet sind. So etwas kann nach einem Gebet geschehen oder nachdem wir kommuniziert haben, aber auch nach einem dieser unerklärlichen Momente, in denen uns das Leben unmittelbar berührt.  … Nach einiger Zeit tritt Er dann wieder an uns heran und sagt: Nun, lass alles liegen und folge Mir nach! Sind wir dann bereit dazu?

Wie viele Male haben wir, jeder einzelne für sich und wir alle gemeinsam, gebetet. Die Gnade und die Worte der Gebete haben uns tief berührt, haben unsere Herzen zum Leuchten gebracht und unsere Leidenschaften zum Schweigen, haben unseren Verstand zu einer besonderen Klarheit verholfen und uns im besonderen Schwung dieses Erlebens, beschließen lassen, von nun an nur allein das Gute zu tun. Wie viele Male ist es uns so schon ergangen, sei es beim Lesen des Evangeliums, nach dem Empfang der Kommunion oder nachdem wir etwas getan haben, was unser selbst, unseres Gottes und der Liebe würdig war. Doch immer wieder schlummern wir wieder ein und  verhärten erneut. Hören wir auf das Wort Gottes, das zu uns spricht: Jetzt ist es aber Zeit! – oder warten wir auf den Moment, an dem uns alles genommen werden wird: sei es durch eine Krankheit oder durch den Tod, der uns immer näher rückt, oder aber durch andere Umstände im Leben, damit wir endlich gewahr werden, dass außer Gott in letzter Konsequenz nichts anderes Bestand hat: nichts und niemand, also auch niemand von denen, die uns heute noch umgeben?

Und wie viele Leute gibt es um uns herum? Gibt es dabei aber wenigstens einen Menschen? Ich meine dies nicht nur in dem Sinne, dass irgendwer an unsere Seite plötzlich von uns gehen kann … Stellen wir uns die Frage andersherum: „Und ich? Bin ich Mensch für meine Mitmenschen? Höre ich den Herrn, wenn Er zu mir spricht: Komm zu Mir und hilf, gib mir etwas zu Essen und tröste, gib mir ein Glas Wasser und spende Trost, wenigstens mit einem Wort!“?

Diese Frage stellt sich für jeden von uns: Der Herr wendet einmal an uns und auch ein zweites Mal. Doch es kommt die Zeit, in der Er aufhören wird, zu uns zu sprechen, nämlich dann, wenn wir vor Ihm stehen werden. Denn dann wird auch Er schweigen, so wie auch wir dann schweigen werden, beide erfasst von großer Traurigkeit: denn die Zeit ist vergangen, es ist schon zu spät … Werden wir es etwa dazu kommen lassen, dass die Zeit uns sagen wird, es ist schon zu spät? Der Apostel Paulus ruft uns dazu auf, mit der Zeit kostbar umzugehen, weil die Tage uns trügen. Er ermahnt uns, Gutes zu tun und zu versuchen, mit der Ewigkeit zu leben! Lasst uns auf ihn hören und beginnen wirklich zu leben!

Amen

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