1981
Im Evangelium gibt es eine ganze Reihe von Stellen, in denen Christus offen erklärt, dass Er in einem völlig exklusiven Sinne der Sohn Gottes ist – der Einzige und Eingeborenen Sohn Gottes. Im Johannesevangelium antwortet Er auf eine Ihm gestellte Frage: Ich bin der Ich bin, Ich bin Der, Der ist. Im Alten Testament gebraucht Gott Selbst diese Worte als Er auf die Frage des Moses: „Wer bist Du?“ erklärt: Ich bin Der, der Ist. Es gibt dazu keine weitere Erläuterung. Ich bin. Ich bin Der Einzigste, Der ist. Auch an anderen Stellen bezeugt Christus, dass Er wirklich Gott ist, der im Fleisch auf die Erde gekommen ist.
Ebenso in kurzen Abschnitt aus dem Matthäusevangelium, den wir heute gelesen haben, sehen wir, wie Christus seine Zuhörer, die Ihn beim Wort packen und überführen wollen, vor ein unauflösbares Paradoxum stellt: Er ist gleichzeitig sowohl der Sohn Gottes, wie auch der Menschensohn. Dies ist unbegreiflich, weil es in der Tat von unserem Verstand nicht erfasst werden kann. Nach menschlichen Maßstäben ist dies unmöglich und ein Jude des Alten Testaments konnte dies im Rahmen seiner Vorstellung der Unerfassbarkeit Gottes überhaupt nicht erwarten. Gleichzeitig jedoch gibt es im Alten Testament auch eine ganze Reihe von Stellen, unter anderem auch die, die ich gerade genannt habe, die den Leser vor eine nicht leicht zu beantwortende Frage stellt. Wie kann es sein, dass Christus der Sohn Davids ist, David selbst Ihn jedoch als seinen Herrn bezeichnet?
Wie ich gerade gesagt habe, kann unser Verstand darauf keine Antwort geben. Diese besteht vielmehr in dem historischen Fakt, dass der Sohn Gottes in der Tat von einer Jungfrau geboren wurde. Diese wenigen Worten bergen für jeden Menschen des Alten Testaments – wie auch gleichzeitig für jeden Menschen, der nicht gläubig oder aber auf der Suche nach dem Glauben ist, sowohl eine Frage und Unverständnis, als auch eine Antwort. Ein Heiliger der westlichen Kirche hat einmal kühn behauptet: Ich bin ebenso groß wie Gott. Gott ist ebenso klein wie ich. Christus ist Gott, Christus ist Mensch. Das ist unbegreiflich, doch es ist eine historische Tatsache.
Gleichzeitig sagt es uns, wozu wir berufen sind: So mit Christus vereint zu sein, dass auch wir über das übliche menschliche Maß hinauswachsen, dass wir Anteil gewinnen an der göttlichen Natur, dass wir auf diese Art göttlich werden und dabei gleichzeitig bleiben, wer wir sind: Mensch. Nur die historische Tatsache der Menschwerdung Gottes, wenn wir sie als reales Geschehnis betrachten, kann die Frage lösen, die Christus den Pharisäern stellt. Nur die Begegnung mit Christus, wie mit Gott, konnte am Anfang das kleine Häuflein Seiner Jünger überzeugen - und im Weiteren immer mehr und mehr Menschen, gläubige Juden und Heiden, die auf der Suche waren -, dass jene prophetischen Worte Davids Wirklichkeit geworden sind. Der Apostel Paulus hatte in Christus nur einen Menschen gesehen und hielt Ihn daher für einen falschen Propheten und Betrüger. Nachdem er Ihm jedoch auf dem Weg nach Damaskus in der Herrlichkeit Seiner Auferstehung begegnet war, hatte er die Anrwort gefunden. Und so finden diese immer wieder die Menschen von Generation zu Generation. Es gibt Millionen Menschen, die mit all ihrem Verstand, von ganzem Herzen und aus ganzer Seele glauben, und ebenso mit ihrem Leben bezeugen, dass der Gottessohn auch Menschensohn geworden ist, dass Christus ihr Gott ist und dass Er für uns Vorbild, Weg, Wahrheit und das Leben ist.
Amen