Während der Großen Fastenzeit und im Verlaufe der Wochen, die dem Oster – und dem Pfingstfest folgen, werden Abschnitte aus dem Evangelium verlesen, in denen wir erleben können, wie der Herr Sein Erbarmen und Seine Liebe unter den Menschen walten lässt und diese mit Seiner Kraft aus ihren Nöten befreit. Wir lesen von den Menschen, die damals in der Zeit, als der Herrn auf Erden wandelte und Sein Evangelium verkündete, lebten. Die heutige Lesung unterbricht jedoch diese Reihe von triumphalen und freudigen Abschnitten. Das Evangelium von heute berichtet uns von etwas sehr Schrecklichem. Die Erzählung von den Weingärtnern, die sich als Verräter entpuppten.
Dieses Gleichnis beschreibt die gesamte Geschichte der Menschheit. Im Zusammenhang gesehen mit all dem, was in den Wochen vorher verlesen worden ist, spricht dieses Gleichnis weiterhin von jener furchtbaren und im wahrsten Sinne dieses Wortes schrecklichen Undankbarkeit, die nicht nur die Menschheit als ganzes, sondern auch wir selbst in unserem Verhältnis zu Gott immer wieder an den Tag legen. Im Angesicht all Seiner Liebe, all Seiner Wundertaten und all dessen, was Er für uns getan hat, bleiben wir gefühllos und selbstverliebt, denken nur an uns, nicht aber an unseren Nächsten und noch viel weniger denken wir an Gott: All dies ist Undanbarkeit, Egoismus, Konzentriertsein auf sich selbst und auf das, was jeder von uns gerne will oder ihm nötig erscheint.
Die heutige Evangeliumslesung spricht davon, dass der Herr eine ganze Welt erschaffen hat: wunderbar und vollkommen, und diese in Seiner Voraussicht durch seine Stärke befestigt hat. Alles hat Er in ihr so bereitet, dass diese Welt ein Ort für das Gottesreich sein kann, d.h. für das Reich der gegenseitigen Liebe, für das Reiches der Freude. Wir Menschen wissen nur zu gut, was wir aus dieser Welt gemacht haben: einen Ort, wo es furchtbar ist zu leben, wo Blut fliesst, wo unmenschliche und grausame Dinge passieren und dies nicht nur im großen und weiten Sinne, sondern auch innerhalb der Familien, der Gemeinden und unter Freunden.
Der Herr hat in jeder Generation immer wieder Seine Leute unter die Menschen gesandt: Die Vorväter, die Propheten, die Engel, die Apostel und Prediger, Johannes den Täufer und zu guter letzt ist Er selbst in die Welt gekommen, um die Menschen daran zu erinnern, dass die Welt einst für die Liebe geschaffen worden ist. Und so, wie uns das Gleichnis berichtet, haben die Weingärtner den Sohn genommen, Ihn aus dem Weinberg herausgeführt und getötet.
Das gleiche hat auch die Menschheit mit dem Mensch gewordenen Sohn Gottes getan. Wenn ich hier von der Menschheit spreche, dann meine ich nicht die anderen, sondern uns selbst, denn uns selbst ist dieses Leben angetragen worden, damit wir aus ihm ein Fest der Liebe machen, ein Fest der Brüderlichkeit, der Harmonie, des Glaubens und der Freude. Wir jedoch tun dies nicht, weil wir nur an uns selbst denken. Als Antwort für all das, was Gott für uns getan hat, dass Er uns geschaffen hat, Sich uns offenbart hat, uns mit Seiner Liebe überschüttet hat und uns Seinen Sohn auf Leben und Tod gegeben hat, reagieren wir mit fast nichst anderem als mit einem kurz ausgesprochenem Danke, welches wir sofort danach wieder vergessen.
Darüber spricht das Evangelium von heute. Denkt an all das zurück, was ihr während der Großen Fastenzeit gehört habt, was ihr in der Nacht der Auferstehung Christi geschaut habt, was euch in all den folgenden Wochen durch alle Heiligen, durch die Heiligen der Russischen Lande, ja der ganzen Erde und durch das Evangelium von der Liebe und von den Menschen gesagt worden ist! Schaut auf all dies und stellt euch selbst die Frage: Gehöre nicht auch ich zu den Weingärtnern? Bin nicht auch ich einer von denen, die jedes Mal, wenn Christus in ihr Leben tritt, Diesen von sich stoßen? Geh von mir, geh aus meinem Weg, verlass mein Leben! Ich möchte Herr und Gott über mein Leben sein und selbst über alles regieren.
So spricht jeder von uns. Vielleicht nicht ganz so provokativ und gotteslästerlich, doch sein Verhalten und seine faulen Worte weisen darauf hin. Wir müssen in uns gehen. Ich habe es schon viele Male gesagt, dass das Heil offen vor uns liegt, weil wir von Gott geliebt sind. Wir erlangen das Heil aber nicht durch Gottes Liebe, sondern durch unsere Antwort auf Seine Liebe. Wenn wir nur die Früchte des Kreuzes, der Kreuzigung und der grauenvollen Kartage ernten wollen, ohne weder Gott noch unserem Nächsten, für die Gott gestorben ist, mehr als nur einen Moment des dankbaren Gedenkens dafür zu geben, dann sind wir weit entfernt von dem, was Gott für uns vollbracht hat.
Lasst uns dem heutigen Evangelium ins Auge schauen und seine Warnung an uns vernehmen und uns die Frage stellen: Worin besteht meine Dankbarkeit?
Drücke ich diese nur in seltenen Worten aus, oder auch in Taten? Lasst uns über uns Gericht halten und ein neues Leben beginnen. Unsere Dankbarkeit Gott gegenüber besteht darin, dass wir Ihm eine Freude sind und unseren Nächsten Halt, Heil und Freude. Lasst uns heute damit beginnen, Früchte zu bringen von dem, was wir heute von Gott und von Christus gehört haben.
Amen