Die Auferweckung der Tochter des Jairus (Lk. 8,41-56)
„All dies betrifft jedoch nicht nur den Tod eines Menschen in seinem Leib. Wenn wir einzig und allein nur an das Leben glauben würden, dann würden wir wissen, dass, wenn einer unserer Liebsten, ein Verwandter oder Freund stirbt, dies nicht das Ende ist, dass unser Verhältnis zu ihm, unser Leben und dessen Bezug zu ihm weiter gehen. Um ihn uns als lebendig vorzustellen, sollten wir nicht von „gestern" reden oder von „einst in der Vergangenheit", wir sollten nicht zurückblicken. Wir sollten hier und jetzt mit ihm leben im ganz realen Leben, denn er ist lebensdig und auf mehr hoffen nicht aber auf weniger." - aus einer Predigt zur Auferweckung der Tochter des Jairus von Metropolit Antonij von Sourozh
Статья

17. November 1968

Wie gleichen wir doch jenen Menschen, die um die verstorbene Tochter des Jairus herum trauerten. Gott selbst, der Herr selbst, ist gekommen und Er selbst sprach zu ihnen: Weint nicht! Sie ist nicht gestorben, sie schläft nur. Mit welch einer Sicherheit „wußten" die Leute, wie es im Evangelium heisst, dass das Mädchen gestorben war, obwohl Gott selbst, der Herr selbst, Der, Den sie gerufen hatten, damit Er ein Wunder geschehen lasse, zu ihnen gesagt hatte, dass sie nur schlafe. Nur belächeln konnten sie Ihn noch. Solange sie noch krank daniederlag, hätte man auf ein Wunder hoffen können, jetzt jedoch war sie verstorben, und es ist einfach unsinnig hier noch auf irgendwas zu hoffen.

So ist es auch bei uns. Der Herr hat unter uns gelebt, ist gestorben und auferstanden. Er hat uns gelehrt, dass der Tod nach einem irdischen Leben dem Schlaf gleicht, dass hinter ihm jedoch Leben ist, welches die Seelen der Menschen erfüllt, Leben, das am Tag der Auferstehung in die Herrlichkeit auch die Leiber erfassen wird. Und wir setzen unseren Trauergesang immer weiter fort: „Er ist tot, sie ist verstorben." Wenn wir die Worte des Apostels vernehmen: Ich möchte nicht, dass ihr ohne Hoffnung seid, wie jene, die an den Tod glauben, dann hören wir diese Worte zwar, doch trotzdem „wissen" wir, dass vor uns ein Mensch liegt, der verstorben ist und wollen deshalb nicht getröstet werden. Wir glauben nicht an das Wort des auferstandenen Herrn, dass auch wir auferstehen werden. Wir vertrauen nicht Seinem Wort, wenn Er sagt,  dass alle auferstehen werden, obwohl Er schon zu Seinen Lebzeiten auf der Erde Menschen auferweckt hat: die Tochter des Jairus und  Lazarus. Wir wissen, dass es den Tod gibt, glauben dabei aber nicht an das Leben. Wie merkwürdig und furchtbar ist es, dass die Tatsache des Todes uns die Wirklichkeit des Lebens verschleiert. Es möge sich jeder von euch die Frage stellen: Wieviel mal hat Gott zu uns über das Leben gesprochen und wieviel mal haben wir geantwortet: Ich weiss doch, dass der Tod stärker ist, dass er den Sieg davon getragen hat.

All dies betrifft jedoch nicht nur den Tod eines Menschen in seinem Leib. Wenn wir einzig und allein nur an das Leben glauben würden, dann würden wir wissen, dass, wenn einer unserer Liebsten, ein Verwandter oder Freund stirbt, dies nicht das Ende ist, dass unser Verhältnis zu ihm, unser Leben und dessen Bezug zu ihm weiter gehen. Um ihn uns als lebendig vorzustellen, sollten wir nicht von „gestern" reden oder von „einst in der Vergangenheit", wir sollten nicht zurückblicken. Wir sollten hier und jetzt mit ihm leben im ganz realen Leben, denn er ist lebensdig und auf mehr hoffen nicht aber auf weniger.

Das gilt ebenso für seelische und geistige Dinge. Wie leicht sagen wir so dahin, dass ein Mensch gestorben ist, dass eine Freundschaft versiegt ist, dass die Liebe gestorben ist, gestorben ist all das, was das wertvollste zwischen den Menschen ist. Wenn der Herrn nun spricht, dass all das nur eingeschlafen ist, nur im verborgenen liegt, dabei jedoch lebt (weil Liebe, Freundschaft,  Zärtlichkeit immer leben, es erstirbt nur das, was bereits auf der Erde das Siegel des Todes und der Verwesung getragen hat), dann antworten wir trotzdem: Nein, Herr. Ich sehe doch, dass alles bis auf die Wurzel abgestorben ist.

Christus erinnert uns in dem Gleichnis des vertrockneten Baumes, den die Leute drei Jahre lang immer wieder gegossen haben, bis er endlich wieder austrieb, dass, wenn auch alles bis zur Wurzel abgestorben scheint, das Leben doch aus Seiner Hand gegeben wird, dass alles auferstehen kann, alles. Allerdings in einer neuen Herrlichkeit, nicht in der Vergänglichkeit des Vorherigen, sondern in einem völlig neuen Glanz, in einem Glanz des ewigen Lebens. Jedes Jahr hören wir die Prophezeiung des Propheten Hesekiel über den Knochen: „Sag, Menschensohn, werden die Knochen zu neuem Leben erweckt werden?" Wir antworten: Nein, sie sind schon im Reich des Todes. Der Prophet war weiser als wir, er antwortete: Herr, du weist es, ich weiss es nicht. ...

Dies gilt für alles in unserem Leben: sei es für unsere persönlichen Beziehungen, sei es für unser Urteil über das Schicksal einer menschlichen Seele, dies gilt für alles: Lasst uns von dieser Geschichte lernen. Sie ist kein Gleichnis, sie ist in Wirklichkeit so geschehen, in Wirklichkeit ist die Tochter des Jairus vom Tode auferstanden, obwohl alle wussten, dass sie gestorben war. Auch Christus wusste es, doch für Ihn gibt es keinen Tod. Es gibt das Leben und den Schlaf. Lasst uns in unser Leben schauen, auf unser Verhältnis zu all denen, die gestorben sind, die also jetzt schlafen und ruhen. Lasst uns an die Menschen denken, die um uns sind, die wir verurteilt haben, die wir bereits für immer abgeschrieben haben: „Der ist für mich gestorben. Bemühe den Meister nicht, auch für Gott gibt es hier nichts zu tun, der wird nicht wieder lebendig". Lasst uns an unsere verlorenen Freundschaften und Beziehungen denken. Sind sie wirklich nichts mehr oder nur für einige Zeit verblasst und ruhen? Lest euch ein in diese Geschichte: Sie ist ein Gleichnis des Lebens gegen den Tod, eins der Hoffnung gegen die Offensichtlichkeit, eine Erzählung des unbegdingen Glaubens gegen unseren tiefsitzenden und mörderischen Unglauben.

Amen    

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