Fest der Kreuzerhöhung
„In letzter Konsequenz jedoch wurde Christus Mensch, lebte, leidete und starb, weil ich, weil wir, weil jeder einzelne von uns und wir alle zusammen Gott verloren haben durch unsere Sünden, unsere Vergesslichkeit, unsere Selbstliebe - jeder von uns. Er hat in Freiheit Sein Leben hingegeben für dich, für mich -  nicht für uns alle zusammen, sondern für jeden Einzelnen von uns. Jeder Einzelne ist Ihm so wertvoll, wird von Ihm so geliebt, dass Er sich nicht scheute als Preis für diese Liebe mit Seinem ganzen Leben, mit all dem Grauen, all dem Leiden und sogar mit dem Tod zu bezahlen." - aus einer Predigt zum Fest der Kreuzerhöhung 1981 von Metropolit Antonij von Suroz
Статья

27. September 1981

Tief berührt und fast erschrocken vor Ehrfurcht verneigen wir uns heute vor dem Kreuz des Herrn. Gleichzeitig feiern wir den Sieg Gottes über die Sünde, über das Böse, über alles, was uns Menschen und die Welt von Ihm trennt.

Die Darstellungen des Kreuzes in der Kunst verfälschen in unserem Bewußtsein oft jenes Kreuz, welches unser Heiland nach Golgatha trug, jenes Kreuz, an dem unser Herr starb. In jenen fernen Zeiten bedeutete der Tod am Kreuz den Tod eines Verbrechers, eines solchen Frevlers, vor dem die Menschen voller Grauen erstarrten, eines Unmenschen, den die Menschen, den ein Volk, eine Stadt von sich stießen, der keinen Platz mehr haben sollte unter den Menschen, dessen einzigster Weg der eines grausamen Todes war und auf den Grund der Hölle führte. Als solchen sahen unseren Heiland jene, die Ihn dem Tode übergaben, die Ihn zum Kreuzestod verurteilten, die Ihn ans Kreuz nagelten, die Ihn verspotteten in den Stunden des langsamen Sterbens. Er war für sie alle ein Verbrecher, der diese furchstbarste Art des Ausgestoßenwerdens aus den Reihen der Menschen sowie auch eines solchen grausamen Todes verdient habe. Er solte ausgemärzt werden aus den Reihen der Lebenden.

Die Ikonen und Kreuzdarstellungen der Orthodoxen Kirche vermitteln uns den Tod Christi als ein Akt der Ruhe und des Friedens, die westlichen Darstellungen hingegegn zeigen uns den qualvollen Tod eines Menschen. Die Wirklichkeit kannte sowohl den einen als auch den anderen Aspekt. Sie bedeutete noch etwas viel größeres als nur einfach der Tod eines Menschen, der mit seinem ganzen Leben und mit seinem Tod fähig war zu lieben bis zum Triumpf Gottes.  Christus hatte vor Seiner Kreuzigung zu seinen Jünger gesagt: Niemand nimmt mir mein Leben - ich selbst gebe es hin ... Im Gebet vor der Wandlung der Heiligen Gaben, heißt es, Christus ward verraten - Nein, nicht verraten! Er hat sich selbst dem Tod am Kreuz hingegeben um unser Heil willen ...       

Die Kreuzigung Christi ist eine Tat freier Göttlicher Liebe, sie ist eine Handlung des freien Wllens unseres Heilandes Christi, Der sich selbst dem Tode übergeben hat lassen, damit wir leben können, leben können in Ewigkeit, leben können mit Gott. Juda hat Ihn verraten, Petrus hat Ihn verleugnet, drei Seiner Jünger schliefen im Garten von Gethsemane, alle liefen davon. Herodes hat Ihn zynisch belächelt, Pilatus hat Ihn aus Angst vor der Masse zum Tode verurteilt, die Hohepriester forderten in ihrem blinden Glauben und voller Neid Seine Kreuzigung. In letzter Konsequenz jedoch wurde Christus Mensch, lebte, leidete und starb, weil ich, weil wir, weil jeder einzelne von uns und wir alle zusammen Gott verloren haben durch unsere Sünden, unsere Vergesslichkeit, unsere Selbstliebe - jeder von uns.  Für jeden von uns, wie es der Heiland in einer Vision sagte, würde Er das gesamte Grauen der Nacht im Garten Gethsemane, des Sterbens und des Todes am Kreuz immer wieder erleiden. Er hat in Freiheit Sein Leben hingegeben für dich, für mich -  nicht für uns alle zusammen, sondern für jeden Einzelnen von uns. Jeder Einzelne ist Ihm so wertvoll, wird von Ihm so geliebt, dass Er sich nicht scheute als Preis für diese Liebe  mit Seinem ganzen Leben, mit all dem Grauen, all dem Leiden und sogar mit dem Tod zu bezahlen.

Als Zeichen für all diese Liebe steht das Kreuz, weil in letzter Konsequenz Liebe, Treue und Hingabe nicht an Worten gemessen werden, nicht einmal am Leben, sondern viel mehr an der Hingabe seines  Lebens. Nicht nur am Tod, sondern an der Aufgabe seiner selbst in einer solch vollkommenen Weise, dass vom Menschen nur noch die Liebe übrig bleibt: eine Liebe des Kreuzes, eine sich opfernde Liebe, eine Liebe, die sich ganz hingibt, die sich selber stirbt, damit ein anderer lebt.

Heute nun verehren wir das Kreuz des Herrn, das für uns all dies und ebenso den Triumpf Gottes bedeutet. Mit welch einer Ehrfurcht sollten wir uns in Anbetracht dessen, was das Kreuz für uns bedeutet, bekreuzigen. Wenn wir über uns das Kreuz zeichnen, dann verrichten wir ein Symbol, vor dem die dunklen Mächte erzittern, weil sie einst mit dem Kreuz gegen Gott zu Felde zogen und durch das Kreuz dann besiegt wurden. Wir können dies nicht wahrnehmen, doch die dunklen Mächte erbeben vor dem Kreuz und flüchten vor dem Kreuz des Herrn.

Gleichzeitig jedoch nehmen wir, wenn wir uns bekreuzigen, das Kreuz Christi auf uns. Wir entscheiden uns Ihm nachzufolgen. Den Weg hat Christus uns aufgezeigt. Wende dich ab von dir, nimm dein Kreuz auf dich und folge Mir nach. Damit niemand dir dein Leben nehmen kann, gib es selbst, jeden Tag, jede Stunde bis die Stunde kommt, in der es heisst, es ganz in die Hände Gottes zu geben. Lass all dein Leben zu einem Tragen des Kreuzes werden. Das Kreuz ist das Banner des Sieges und das Zeichen deiner Bereitschaft so zu leben und so zu sterben, wie der Herr gestorben ist.

Mit welch einer Ehrfurchrt sollten wir uns bekreuzigen, wissend und gedenkend, dass wir durch das Kreuz unseren Glauben bekennen. Indem wir drei Finger zusammenlegen, bekunden wir unseren Glauben an die Heilige Dreifaltigkeit. Indem wir die zwei anderen Finger beugen, zeigen wir uns selbst, den dunklen Mächten und jedem anderen, dass wir an Christus glauben, Der ganz Gott und ganz Mensch ist, der auf die Erde niedergestiegen ist und Sein Leben für uns hingegeben hat.

Wenn ihr nun zum Kreuz herantreten werdet, um es zu verehren, verneigt euch voller Ehrfurcht, voller Liebe und mit heiliger Scheu. Küsst es voller Glauben, voller Liebe und nehmt an das Gebot des Herrn: Wende dich ab von dir selbst! Nimm dein Kreuz auf dich und folge Mir nach! Wohin ich auch gehen  ...

Amen  

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