Sonntag vom Erlahmten
„Wie oft spüren wir, dass wir dies oder jenes hätten tun können, worum wir gebetet hatten. Aber dann haben wir es nicht getan, weil wir hofften, dass Gott es für uns tun würde. Doch Gott tut vieles nicht. Er gibt uns allerdings jede beliebige Kraft, um unseren irdischen Lebensweg zu meistern. Gott kann für uns nicht leben. Er konnte für uns nur sterben." - aus der Predigt zum Sonntag vom Erlahmten von Metropolit Antonij von Suroz
Статья

3. Sonntag nach Ostern (Joh. 5,1-15)

Was für eine Freude und was für ein begeisternder Jubel erfasst unsere Seele, wenn wir in den Evangelien von den Wundern Christi lesen, von jener Kraft und jener Liebe Gottes, von jener Fürsorge des Herrn zu jedem von uns, die wir ganz individuell und wirksam erfahren dürfen. Gleichzeitig gilt es aus jeder dieser Geschichten etwas zu lernen. Lasst uns deshalb genauer in die Erzählung von heute hineinschauen.

Ein Mensch ist lange krank. Bereits 38 Jahre seines Lebens verbrachte er liegend an jenem Ort, wo um ihn herum viele viele andere Kranke lagen. Das Evangelium beschreibt sie mit drei Worten, die einerseits ihre Leiden benennen, andererseits jedoch auch sehr eindeutig unsere geistigen Leiden beschreiben: Blinde, Lahme und Vertrocknete. Blinde sehen nichts, was vor ihren Augen passiert. Taube vernehmen nicht das Wort des Lebens, Vertrocknete - in ihnen ist das Leben selbst schon verloschen. Alle diese Menschen warteten darauf, dass sich das Wasser bewegen möge. Sie warteten auf etwas, was sie von aussen berühren würde.

Wie oft gleichen auch wir, die wir hier im Vorhof des Himmels, was die Erde ja ist, warten, diesen Menschen: den Blinden, den Tauben und den Vertrockneten. Wir warten auf etwas, wir warten, dass ein Engel des Herrn herabsteigen möge, dass das Wasser in Bewegung geriete und dass wir auf wundersame Weise, durch etwas von aussen sehend würden, scharfsinnig und uns neues Leben erfüllt.

Ja, solche Dinge geschehen auch: Wir sehen, wie um uns herum jemand plötzlich aus dem Taufbecken als ein neuer Mensch herausteigt, wir bemerken, wie aus diesem oder jenem Menschen nach der Teilnahme an der Heiligen Kommunion das neue Leben aufstrahlt. Wir sehen ständig wie die Gnade wirkt, wie die Wasser von Siloam oder von Betesda in Bewegung geraten und Menschen zu neuem Leben erweckt werden. Doch das geschieht nur mit ganz wenigen, nur mit denen, die aus uns unerkenntlichen Gründen von der Kraft Gottes berührt werden. Die anderen, wir, leben weiter wie Blinde und Vertrocknete und warten auf ein Wunder.   

Im heutigen Evangelium hören wir von Christus ein sehr klares und eindeutiges Wort. Christus war zu dem Kranken getreten und sah, dass dieser schon lange Zeit an seiner Krankheit leidet. Er wandte sich mit folgender Frage an ihn: Möchtest du gesund werden? Das ist eine Frage, die auch wir uns alle selbst stellen sollten: Ja, ich möchte gesund werden, ja ich möchte, dass mit mir ein Wunder geschieht. Doch bin ich für dieses Wunder bereit? Bin ich bereit es zu verantworten und es anzunehmen? Es kommen mir hierbei die Bekenntnisse des Heiligen Augustin in den Sinn, der in seinem Buch über sich selbst sagt, dass er, als er begriffen hatte, dass er in Sünde lebt, dass er verloren gehen wird und sein Leben abscheulich ist, er lange mit folgenden Worten zu Gott gebetet hat: Herr, gib mir Keuschheit, doch noch nicht jetzt! Beten nicht auch wir zu Gott, dass wir Menschen werden mögen, die nach dem Evangelium leben, die voller Leben und Kinder Gottes sind? Doch gleicht dabei unser Gebet nicht ständig dem des Heiligen Augustin: Herr, tu dies, aber lass mich noch ein wenig nach meinem Willen, der Deinem entgegenwirkt, leben. Lass mich in meinen Sünden leben, unabhänging von Deinem Kreuz und Deiner Auferstehung.

So stellt Christus jedem von uns die Frage: Möchtest du gesund werden? Ob du nun blind, taub oder vertrocknet bist, möchtest du leben? Wenn wir antworten können: Ja, ich will, dann antwortet uns Christus nicht: Warte nun, bis das Wasser in Bewegung gerät und eine Kraft von oben herabkommt. Er antwortet uns: Steh auf und geh! Steh auf und geh dorthin, wohin dich die Gnade zieht, steh selbst auf, steh auf voller Glauben, voller Überzeugung, voller Elan. Warte nicht, das jemand dich aufrichtet! ...

Wie oft spüren wir, dass wir dies oder jenes hätten tun können, worum wir gebetet hatten. Aber dann haben wir es nicht getan, weil wir hofften, dass Gott es für uns tun würde. Doch Gott tut vieles nicht. Er gibt uns allerdings jede beliebige Kraft, um unseren irdischen Lebensweg zu meistern. Gott kann für uns nicht leben. Er konnte für uns nur sterben.

Da kommt ein Mensch, der dem Wort Christ geglaubt hat, dass es nicht ausreicht zu beten, sondern dass man sich selbst fürs Leben aufrichten muss. Doch um ihn herum empört sich die Menge über ihn, weil sie meint, dass ihm nicht verziehen sei. Geschieht das nicht leider auch so oft in unserer Kirche? Jemand ist nicht so gekommen, wie es sich gehört, jemand hat etwas nicht so gemacht, wie es üblich ist. Wir sehen nicht, dass die Kraft Gottes einen Menschen aufgerichtet hat. Wir sehen nur, dass er zu ungelegener Zeit etwas tut, wie man es so üblicherweise nicht tut.  

Lasst uns über einige Züge dieser Erzählung aus dem Evangelium nachdenken und sie auf uns beziehen. Lasst uns Gott um Seine Kraft bitten, um Seine Hilfe, Seine Gnade, doch dabei lasst uns nicht vergessen, dass Er uns zwar alles gibt, dass wir jedoch selbst leben müssen. Für uns ist Gott gestorben. Jetzt können wir aus Seinem Leben, aus dem Leben des auferstandenen Christus heraus leben. Lasst uns alle Kräfte zusammennehmen und im Namen des Herrn leben, denn nach den Worten des Apostels ist uns alles möglich in dem uns Stärke schenkenden Herrn Jesus Christus!

Amen!  

http://www.metropolit-anthony.orc.ru/inname/in_103.htm

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