Der reiche Jüngling
„Von einer anderen Seite her betrachtet ist das Gottesreich in Wahrheit das Reich derer, die begriffen haben,dass sie unendlich reich sind: ... Wir sind reich, weil wir nichts besitzen. Wir sind reich, weil uns alles gegeben ist. Der jedoch, der meint, dass er zu Recht reich ist, für den ist es schwer zum Gottesreich dazuzugehören, denn dort ist alles nur Liebe und deshalb kann man dort auch nichts besitzen, weil man es so anderen Menschen wegnimmt. In dem Moment, in dem wir sagen, dass uns etwas gehört, was uns entweder durch Gottes Liebe oder durch menschliche Fürsorge gegeben wurde, entziehen wir es - ja entreissen es - dem Mysterium der Liebe.“ – aus einer Predigt von Metropolit Antonij von Sourozh zum Gespräch des Herrn mit dem reichen Jüngling
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Heute möche uns der Herr davor warnen, wie schwer es für einen Reichen ist, in das Himmelreich zu gelangen. Bedeutet dies etwa, dass das Gottesreich nur jenen offen steht, denen es an allem fehlt, die materiell in Not sind und die auf der Erde rein gar nichts ihr Eigen nennen? Nein. Das Reich Gottes steht jedem offen, der nicht Sklave seines Besitzes geworden ist. Die erste Seligpreisung der Bergpredigt – Seilg sind, die da geistlich arm sind  - gibt uns den Schlüssel zum Verständnis des heutigen Gleichnisses. Die geistig Armen sind alle jene, die begriffen haben, dass sie nichts haben, was sie ihr Eigen nennen können. Wir sind durch einen Schöpfungsakt Gottes geschaffen, durch Seine Liebe sind wir ins Sein berufen, ja, ist uns das Leben geschenkt worden. Gott  steht uns in allem zur Seite, worauf wir aber überhaupt kein Anrecht haben. Er hat Sich uns aus Seinem eigenen freien Willen heraus offenbart, als wir in Not waren und der Verzweiflung nahe. Alles, was wir sind und all das, was wir in unserem Leben gebrauchen, ist in dem Sinne nicht unser, dass wir nichts von dem, was uns dem Augenschein nach gehört, auch wirklich geschaffen haben. Alles, ja alles, was wir besitzen und was wir darstellen, ist uns gegeben aus Liebe. Durch die Liebe Gottes und durch die Liebe der Menschen. Wir können nichts von dem als unser Eigen betrachen, denn alles ist eine Gabe, die uns in jedem Moment aus den Händen rinnen kann, wenn wir nur versuchen, sie zu besitzen und zu sagen, dass dies oder jenes meins ist.

Von einer anderen Seite her betrachtet ist das Gottesreich in Wahrheit das Reich derer, die begriffen haben,dass sie unendlich reich sind: Denn wir können alles von der Liebe Gottes und der Liebe der Menschen erwarten. Wir sind reich, weil wir nichts besitzen. Wir sind reich, weil uns alles gegeben ist. Der jedoch, der meint, dass er zu Recht reich ist, für den ist es schwer zum Gottesreich dazuzugehören, denn dort ist alles nur Liebe und deshalb kann man dort auch nichts besitzen, weil man es so anderen Menschen wegnimmt. In dem Moment, in dem wir sagen, dass uns etwas gehört, was uns entweder durch Gottes Liebe oder durch menschliche Fürsorge gegeben wurde, entziehen wir es - ja entreissen es - dem Mysterium der Liebe.

Und asserdem werden wir, wenn wir uns an etwas, was es auch sein möge, heften, zu Sklaven. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an eine Begebenheit in meiner Jugendzeit. Ein Mann sagte damals zu mir: Verstehst du etwa nicht, dass du in dem Moment, in dem du eine Kupfermünze festhälst und nicht bereit bist, deine Hand zu öffen, um diese fallen zu lassen, deine verkrampfte Hand verloren hast, ja deine ganze Hand und sogar deinen Körper, weil all deine Aufmerksamkeit nur darauf gerichtet ist, diese Kupfermünze nicht zu verlieren und du alles andere dabei jedoch aus den Augen verlierst ...

Und wir? Ob wir nun einen Kupferpfennig verkrampft in unserer Hand festhalten oder uns im Besitz von vielem – geistigen, emotionalem und materiellem – empfinden, macht keinen Unterschied. Es geht vielmehr darum, dass wir so weder unsere Hand, weder unseren Verstand noch unser Herz gebrauchen können. Wir sind schon nicht mehr frei. Das Gottesreich jedoch ist das Reich der Freiheit.

Und noch etwas: Wie schwer ist es für den, der nie etwas entbehren musste, der immer mehr hatte, als er brauchte, die Not eines anderen zu begreifen, sei es eine emotionale oder irgendeine andere Bedürftigkeit. Es bedarf eines großen Verständnisses und Einfühlungsvermögens. Man muss es dann erst lernen, behutsam auf die Bewegungen des menschlichen Herzens und auf die materiellen Nöte der Menschen einzugehen, wenn man dem einen oder anderen in deren Not helfen möchte. Es gibt ein russiches Sprichwort: Ein Gesättigter wird einen Hungrigen nie verstehen können. Wer von uns kann von sich sagen, dass er in irgendweiner Weise Hunger leidet? Dies ist der Grund, warum wir die Nöte der anderen Menschen nicht begreifen: die Nöte untereinander und die Nöte der Menschen jenseits unserer Gemeinde.

Lasst uns darüber nachdenken. Armut bedeutet nicht gleich Elend. Armut bedeutet Freiheit von der Besessenheit durch Illusionen, dass wir uns selbst gehörten, dass wir uns selbst und all das, was wir besitzen angeblich erschaffen haben. Dieses Freisein bedeutet auch unabhängig zu sein von den Dingen, die uns gegeben wurden. So können wir  gemeinsam mit Gott wirken und in Seinem Sinne, die Dinge, die Er uns übertragen hat, verwalten.

Lasst uns darübert nachsinnen, denn, wenn wir uns dies alles beherzigen, dann sind wir, so wie es der Apostel Paulus ausgedrückt hat, immer reich, ob wir nun nach menschlichem Verständnis arm oder reich sind. Wir sind immer reich, weil der Reichtum in der Liebe Gottes und in der Liebe der Menschen zu uns bersteht. Denn dann können wir, ob wir nun im Besitz irdischer Güter sind oder nicht, von diesen frei sein und ganz dem Reich Gottes gehören, welches es das Reich der gegenseitigen Liebe ist, der gegenseitigen Soldiarität, des gegenseitigen Mitgefühls, das Reich der Freiheit, in dem wir einander all das schenken, was uns selbst als Geschenk gegeben worden ist. 

Amen

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