Gleichnis vom Jüngsten Gericht (Mt. 25,31-46)
„Als die, über die ein Urteil gesprochen werden sollte, d.h. alle wir, vor den Richterstuhl Gottes traten, fragte der Herr sie nichts, was mit ihrem Glauben oder ihrer Weltanschauung zu tun hat. Er stelle nur eine Frage und diese sehr direkt: Seid ihr auf der Erde menschlich gewesen?“... aus einer  Predigt zum Sonntag des Jüngsten Gerichts von Metropolit Antonij von Suroz.
Статья

25.2.1979

Das Gleichnis, das wir heute gelesen haben, kennen wir alle, und es scheint, dass da nichts weiter dazu zu sagen ist. Doch es gibt da einige Dinge, auf die ich euch totzdem hinweisen möchte.

Zuerst auf folgendes: Als die, über die ein Urteil gesprochen werden sollte, d.h. alle wir, vor den Richterstuhl Gottes traten, fragte der Herr sie nichts, was mit ihrem Glauben oder ihrer Weltanschauung zu tun hat. Er stelle nur eine Frage und diese sehr direkt: Wart ihr auf der Erde einfach menschlich? Habt ihr, als ihr gesehen habt, wie jemand leiden muss, versucht ihn zu trösten? Was habt ihr da getan, als jemand hungerte, fror, verzweifelt war, verlassen, eingesperrt oder krank darnieder lag? Hattet ihr Mitleid oder nicht? ...

Die, die Mitleid hatten, hat der Herr zu sich genommen, ohne noch etwas anderes zu fragen, denn diese Menschen waren auf der Erde fähig zu lieben, einfach, irdisch und wirklich zu lieben. Deshalb sind  sie nun auch bereit und offen für  die Göttliche Liebe der zukünftigen Welt. Doch schaut, wie diese Leute, die einfach nur in tätiger Liebe ihre irdischen Tage verbracht hatten, in Verlegenheit gerieten, wie sie nicht verstanden, was sie denn so besonderes getan haben sollen, dass sie der Herr bei sich aufnimmt. Wie kann der Herr das, was sie für andere getan hatten, auf sich beziehen? Mit Liebe anderen Menschen entgegenzugehen war für sie einfach selbstverständlich. Sie dachten darüber gar nicht besonders viel nach.

Wenn wir jedoch mit verkrampften Herzen, quasi unter Zwang und Qual unserer selbst versuchen,  die Gebote des Herrn zu erfüllen, weil wir wissen, dass es sich so gehört, können wir das Heil nicht erlangen. Die Gebote müssen uns in Fleisch und Blut übergehen, so tief in uns leben, dass sie für uns zu ganz natürliche Seelenbewegungen werden und nicht nur aus Gehorsam erwachsen einem Gesetz gegenüber, das uns von aussen gegeben ist.       

Deshalb möge jeder von uns, der meint, nach dem Gesetz der Barmherzigkeit zu leben, weil er Kranke umsorgt, Inhaftierte besucht, Hungernden zu Essen gibt oder Frierenden Kleidung schenkt, sich fragen, ob er all dies von Herzen tut oder es nur als eine Pflicht betrachtet, weil er weiss, dass er für sein gesamtes Handeln einmal Rechenschaft ablegen wird müssen. Und wenn wir es dann nur aus Pflichtgefühl tun, dann sind wir noch sehr weit davon entfernt, Kinder des Himmelreichs zu sein!

Schaut aber auch auf die, die von all dem, was  Liebe auf der Erde ausmacht, nichts vorzuweisen haben. Als Christus ihnen die gleiche Frage stellt, verstehen sie Ihn erst gar nicht: Aber Herr, wo haben wir dich sehen können? In welchem Krankenhaus, in welchem Gefängnis hätten wir Dich denn besuchen können, wann als Frierenden mit wärmender Kleidung versorgen, wann Dir als Hungernden Essen bringen, wann Dich in Deinem Leid trösten können?  Diese Menschen haben nie bemerkt, dass es um sie herum auch noch anderen Menschen gibt, sonst hätten sie nicht auf den Gedanken kommen können, solche Fragen zu stellen: Hätten wir all das tun müssen oder nicht? Erhält auch Gott quasi einen Teil von unserer Liebe oder nur der Mensch? Diese Leute haben ihr ganzes Leben nur für sich gelebt und waren in allem sehr berechnend. In allem hatten sie immer einen Plan im Sinn, unter dem Strich jedoch haben sie völlig widersinnig gelebt.

Auch wir müssen uns die Frage stellen: Wie stehen wir zu den Menschen um uns herum? Sehr oft hört man, dass Leute sagen: Ich weiss nicht, wie ich Gott lieben soll. Ich suche Ihn. Er bleibt für mich im Dunkeln, ich finde keinen Weg zu Ihm. Dabei ist es ganz einfach: Über den Menschen führt der Weg zu Ihm. Der Evangelist Johannes schreibt: Wenn jemand sagt, er liebe Gott, seinen Nächsten aber nicht, der lügt. Gemeint ist eine ideenreichen und phantasievollen Liebe.  Denn niemand kann den unsichtbaren Gott lieben, wenn er nicht vorher gelernt hat, einen konkreten, mit Leben erfüllten, vor Leben bebenden Menschen, der vor ihm steht, zu lieben. Deshalb sollte man, bevor man die Frage aufwirft, wie man zu Gott gelangen könne, sich selbst erst einmal die Frage stellen: Wie stehe ich zu den Menschen an meiner Seite? Wenn unser Herz verschlossen ist, kalt und abweisend, wenn es erschrickt bei dem Gedanken, dass ein anderer Mensch unser, unseres Herzens, unseres Lebens bedürfen könnte, dann braucht man gar nicht mehr weiter suchen nach einer Antwort, wie man Gott nahe kommen könnte. Zuerst muss man es lernen, mit einem warmen und lebendigen Herzen durchs Leben zu gehen, aufmerksam anderen Menschen gegenüber. Dann öffnet das Herz auch und wird als ein reines Herz Gott schaunen.

Amen.       

Quelle:  http://www.metropolit-anthony.orc.ru/inname/in_82.htm

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